ENTWICKLUNG
DER NEUEN UNIVERSITÄT
HEIDELBERG
von Christoph Vierneisel
PLANUNGSGESCHICHTE(N)
zeitlich strukturiert:
- DIE SITUATION NACH 1901
- BIS 1928
- PLANUNG UND BAU 1929-1931
- NACH 1945
eiligen Lesern sei empfohlen,
bei - NACH 1945 einzusteigen
allerdings verpassen sie dann
interessante Details....
(Anmerkung der Redaktion)
DIE SITUATION NACH 1901
1901 erwirbt das Großherzogtum Baden von der Stadt das so genannte „Musäumsgebäude“
(1827/28 von Friedrich Arnold, Neffe und Schüler Friedrich Weinbrenners
erbaut). Das Gebäude wird 1906 umbenannt in „Neues Kollegienhaus“, zum
Hörsaalgebäude umgebaut, zeigt mit der Hauptseite zum Ludwigsplatz (heute
Universitätsplatz), hat im Westen einen Annex zur Grabengasse.
1911 plant die Universität ein neues Hörsaalgebäude am östlichen
Ludwigsplatz, vom Seminarienhaus an der Schulgasse bis Merianstrasse, das
Kultusministerium Karlsruhe wünscht mehr und geeignetere Hörsäle. Und
dennoch dauert es bis 1925, bis sich der Gedanke an eine
Universitätserweiterung durch Neubau im Zentrum der Altstadt ergibt.
BIS 1928
Das Schmieder’sche Erweiterungsprojekt:
Der leitende Architekt des auch für Universitätsbauten zuständige Badischen
Bezirksbauamtes Heidelberg, Ludwig Schmieder, entwickelt die Idee eines
umfassenden Erweiterungsprojektes. Danach soll das Kollegiengebäude um einen
westlichen Flügel mit Audi Max an der Grabengasse erweitert, der bestehende
Ostflügel aufgestockt und nach Süden hin erweitert werden, wo abschließend
ein Querbau Ost- und Westflügel miteinander verbindet. Somit entsteht der
später beim Wettbewerb zur Neuen Universität entscheidende Gedanke des
„umbauten Hofes“. Diese Gesamtplanung wird vom Kultusministerium
weiterverfolgt.
Daneben verfolgt die Universität eine andere Planung, mit dem
Schwerpunkt eines zentralen Hörsaalgebäudes östlich des Ludwigsplatzes, auf
den Grundstücken Augustinergasse 7 und 9 sowie der Schulgasse 2 und 4; es
handelte sich um Barockhäuser, die schon universitär genutzt waren. Das
Konzept sah die o.g. Erweiterungen an der West- und Ostseite des
Kollegiengebäudes sowie im Bedarfsfalle den Abriss zweier Barockgebäude an
der Seminarstrasse vor, die Oberrealschule (Vorläufer des KFG) und die Alte
Post. Der schließlich auf den Hörsaalneubau am östlichen Ludwigsplatz und
auf den westlichen Anbau in einer „Denkschrift“ an das Kultusministerium
favorisierte Vorschlag des „Engeren Senates“ wird 1927 vom Ministerium
abgelehnt..Die allgemeine schlechte Finanzlage lasse Baumaßnahmen in der
Altstadt frühestens nach 1935 zu. Trotzdem wird bei und im Namen der
Universität weitergeplant, mit den Stellen in Karlsruhe weiterverhandelt, es
findet ein Besichtigungstermin statt, der die Situation verdeutlichen soll.
1927 wird seitens des Ministeriums für ein festgelegtes Bauprogramm eine
Genehmigung erteilt, für eine Sanierung des Kollegiengebäudes sowie für den
Flügel an der Grabengasse, die Mittel für 1928/29 in Aussicht gestellt.
Der Wettbewerb/ die amerikanische Spende:
Zum selben Zeitpunkt erstellt die Universität für das Kultusministerium eine
weitere „Denkschrift“, „Über die Notwendigkeit eines beschränkten
Wettbewerbs zur Gewinnung künstlerischer Ideen der architektonischen
Gestaltung des Ludwigsplatzes und der an ihm zu errichtenden
Gebäudegruppen“. In dieser Denkschrift wird gefordert, dass die künftige
Randbebauung des Platzes aus einer einheitlichen Planung hervorgehen soll.
Diese schließt neben den Neubauten an Grabengasse und Augustinergasse den
Abriß und Ersatz des als „ästhetisch wertlosen“ bezeichneten
Kollegiengebäudes sowie die Neuanlage des Ludwigsplatzes mit ein. Das
Kultusministerium lehnt den geforderten Wettbewerb aus vielfältigen Gründen
ab, vor allem aber mit dem Hinweis, dass das Kollegienhaus auf Jahrzehnte
hinaus nicht ersetzt werden könne. Die Situation ändert sich, als der
amerikanische Botschafter in Berlin, Jacob Gould Schurman - er hatte 1878
für ein Jahr in Heidelberg studiert -, im Januar 1928 erklärt, er wolle in
Amerika 400.000 Dollar sammeln (vornehmlich von deutschstämmigen
Amerikanern, die zu Heidelberg einen Bezug haben), um mit dieser Spende den
Bau einer „University Hall“ in Heidelberg zu finanzieren. Rektor und
Kultusminister einigen sich auf einen Kompromiß, der für den sofort
auszuführenden Hörsaalbau an der Augustinergasse einen Wettbewerb vorsieht
(bei Abriß der oben erwähnten Barockbauten!), den gleichzeitigen Bau des
Westflügels an der Grabengasse dem Bezirksbauamt überlässt, beides jedoch
über die Spende finanziert. Dieser Kompromiß befriedigt vor allem nicht den
Vermittler der Spende, der die Gesamtsumme in einem Bau investiert sehen
möchte.
Inzwischen mehren sich Bedenken gegen die Lage des Hörsaalneubaus am
östlichen Ludwigsplatz. Das Ministerium lässt im Übrigen die Universität
wissen, das Land wolle Gelder für den Wettbewerb zur Verfügung stellen,
verknüpft dies jedoch mit der Auflage der Überprüfung des vorgesehenen
Bauplatzes. Ministerium und „Engerer Senat“ können sich über alternative
Bauplätze nicht einigen, ein Gutachter, Oberbaurat Billing aus Karlsruhe,
wird vom Ministerium mit der Prüfung beauftragt. Billing wendet sich gegen
den Bauplatz östlich des Ludwigsplatzes, da das Gelände für die notwendigen
Einrichtungen zu klein sei. Billing macht weitere Bebauungsvorschläge, die
neben den verschiedenen möglichen Bauten alle den „ Amerikabau“ beinhalten.
Billing legt dem Engeren Senat zwei Vorentwürfe vor, die dem Senat nicht
praktikabel erscheinen. Ein dritter Entwurf wird akzeptiert, dem
Kultusministerium als Vorgabe für den öffentlich auszuschreibenden
Wettbewerb übergeben. Am 31.3.1928 treffen sich Universität, Stadt,
Kultusministerium und das Preisgericht zur Vorbereitung der Ausschreibung
des Wettbewerbs. Da Billings Vorschlag im „Engeren Senat „ umstritten ist,
werden drei weitere Vorschläge von ihm erarbeitet, mit unterschiedlichen
Standorten für den Neubau, davon ein Standort westlich der Grabengasse, Nr
10 –18.!
Wieder wird Schmieder zur Prüfung aller bisherigen Planungen und der drei
Vorschläge Billings herangezogen, mit dem Ziel der Erlangung eines vierten
Vorschlags. Zusätzlich zu diesen Vorprojekten steht noch ein fünftes, das „Bestelmeyer-Projekt
zur Diskussion, das anlässlich der 2. Sitzung des Preisgerichts spontan die
Zustimmung der Preisrichter findet. (Aus Bestelmeyers Hand stammt z. B. das
Hauptgebäude der Technischen Universität München, Arcisstrasse) .German
Bestelmeyer hat eigene Gedanken entwickelt, deren Kern die Erhaltung der
bestehenden Bauten und die Auffüllung mit Neubauten auf dem Areal
Ludwigsplatz/ Grabengasse/ Seminarstrasse/ Schulgasse ist. Es fällt die
Entscheidung für einen auf 12 Teilnehmer beschränkten Wettbewerb. Am 9. und
10. November 1928 wird der Wettbewerb entschieden. Der 1. Preis geht an
Professor Karl Gruber, Danzig, den 2. und 3. Preis erhalten Prof. Hans
Freese, Karlsruhe und Architekt Franz Kuhn, Heidelberg. Lobende Erwähnung
erhielt der Entwurf von Paul Schmitthenner, Stuttgart, dessen Entwurf außer
Konkurrenz lief, da er wettbewerbswidrig das Gebäude der Alten Post südlich
des Hexenturms abreißen wollte. Gruber erhält den Auftrag zur weiteren
Planung und Ausführung. Man ist zunächst zufrieden über das Planungsergebnis
und benennt den Ludwigsplatz aus Dank für den Verbleib der Universität in
der Altstadt um in „Universitätsplatz“
Und was sagt der Geldgeber?
Botschafter Schurman ist mit Grubers Entwurf gar nicht einverstanden.
Schurman teilt den Verantwortlichen von Kultusministerium, Stadt und
Universität mit, dass er schwerwiegende Bedenken gegen Grubers Entwurf hege.
Er bemängelt vor allem gegen die Kombination von bestehenden Bauten und
„Auffüllbauten“, Bestelmeyers Vorschlag also. Er fordert erneut, dass die
Spende nur für einen einzigen repräsentativen Neubau verwendet wird, und
bindet die Übergabe und gleichzeitige Erhöhung um 100.000 Dollar an die
Erfüllung dieser Bedingung durch die Universität und den Badischen Staat. In
der Festrede anlässlich seiner Ernennung am 17.12.1928 zum Ehrenbürger der
Stadt Heidelberg gibt er einen Tag später öffentlich die Änderung des
Bauprograms bekannt, nämlich den Abriß des Neuen Kollegiengebäudes und einen
Neubau an dessen Stelle. Weiter kündigt er die Übergabe der Spende in Höhe
von 503.000 Dollar, wovon 403.000 Dollar für die „Errichtung eines
repräsentativen Hörsaalgebäudes“ bestimmt ist.
PLANUNG UND BAU 1929-1931
Grubers Planungen bis zum Ausführungsentwurf. Die „Neue Grundlage“. In den
folgenden Tagen erhält Gruber im Beisein des Rektors und des Kultusministers
zunächst vorläufig und inoffiziell den Auftrag zur veränderten Planung auf
der so genannten „neuen Grundlage“. Diese „neue Grundlage“ beinhaltet den
von Schurman geforderten Neubau am Universitätsplatz, der von der
Jesuitenkirche bis zur Grabengasse reichen soll, sowie zusätzlich einen
Flügel an der Grabengasse bis zur Alten Post und an diese anschließend einen
Flügel an der Seminarstrasse bis zum Seminarienhaus unter Abriß der
städtischen Oberrealschule. Durch Abbruch der Häuser Augustinergasse 11 und
13 entsteht ein kleiner Platz mit Blick auf den Turm der Jesuitenkirche.
Ausführung des Baus:
Im Mai 1929 beginnt Gruber mit der Weiterbearbeitung, unter Berücksichtigung
der Anregungen aus den verschiedenen kompetenten Kreisen. Schließlich war
ein weiterer Kritiker zu dem Kreis der ohnehin schon zahlreichen „Anreger“
dazugestoßen, nämlich der neu gewählte Oberbürgermeister Dr.C. Neinhaus. Er
wolle verstärkt auf die Neubaupläne der Universität Einfluß nehmen. Er hatte
vor allem Bedenken gegen die zu große Masse des Hauptgebäudes. Alle
Anregungen sind in dem Archivmaterial niedergelegt, es würde zu weit führen,
sie anhand des Gebauten zu prüfen und zu beschreiben. Am 9.6.1931 werden
Hauptbau und Westflügel feierlich eingeweiht. Architekt Gruber bekommt in
der Sonderbeilage der „Heidelberger Neuesten Nachrichten“ Gelegenheit, sein
Werk zu verteidigen. Neben sachlichen Erläuterungen führt Gruber in’s Feld,
dass er mangels größerer vorhandener Baumassen bei den umliegenden Gebäuden
im Verhältnis zu den großen Baumassen des Neubaus diesen nach seinem eigenen
Wesen zu bilden.sich entschlossen habe. Die Anpassung des Neuen an das Alte
sei durch den räumlichen Zusammenhang der Platzräume, durch die Form der
Baukörper erfolgt. Der Baukörper der Universität sollte mächtig wirken und
als Kernbau der Universitätsstadt alles andere überragen. Mit dem hohen Dach
der Jesuitenkirche zusammen bilde er einen das Gewirr der Bürgerdächer der
Altstadt gliedernden Raum, ähnlich wie die Terrasse des Hortus Palatinus mit
der Schloßterrasse, die Alte Brücke mit der Heiliggeistkirche zusammen das
Stadtbild räumlich gliedern.
Neue Architekten in Heidelberg?
In der zitierten Arbeit „Die Neue Universität in Heidelberg“ gibt es unter
der Nr. 12 den „Versuch der architektonischen Einordnung der Neuen
Universität“. Wir möchten vor allem das herausgreifen, was die direkt damit
betrauten Personen betrifft. So sind die politischen und personellen
Umstände interressant, betrachtet zu werden. Die Zusammensetzung des
Preisgerichtes, benannt von Universität und Staat, in den neben den ohnehin
schon eher konservativ gesinnten Mitgliedern der Universität und des
Ministeriums fast ausschließlich Vertreter konservativer (besser:
traditioneller) Architektur sitzen, so Bestelmeyer, Billing, Bonatz,Tessenow
und Haupt (Bestelmeyer: TU München, Billing , Villa Heinsheimer, Bergstr.
86,HD, Bonatz, Hbf Stuttgart, Neckarschleußen von Anfang bis Mannheim,
Autobahnbrücke in Köln-Süd, Ehrenfriedhof, HD, Tessenow, Siedlungen in
Berlin, Haus Posseltstr 1, HD, Hauptgebäude in Karlsruhe). Unter dieser
Vorbedingung wird klar, dass moderne Architekten in Heidelberg keine Chance
hatten. Eine zusätzliche Meinung liefert der Karlsruher Ministerialrat Fritz
Hirsch,der die Hintergründe der Ausschreibung des Wettbewerbs und des
Programms kannte: Die Mitglieder des Preisgerichtes seien von Bestelmeyers
Vorschlag (Bildung eines großen Hofes durch Umbauung) deswegen so spontan
überzeugt gewesen, weil sie glaubten, auf diesem Wege entstünde ein zweiter
Heidelberger Schlosshof, ein so genannter „Amerika Hof“ (s.o.!) .
In dem Katalog des Kurpfälzischen Museums der Stadt Heidelberg zur
Ausstellung zu dem Thema „Zwischen Tradition und Moderne in den 20er Jahren
– Rezeptionsgeschichte und kunsthistorische Einordnung“ hat Martina
Krechtler neben der funktionellen Erläuterung der Anlage eine Interpretation
der Architektur zu geben versucht. Wir geben Ausschnitte dieses Beitrages im
Wortlaut oder in gekürzter Fassung wieder:
„Die Neue Universität gehört heute zu den charakteristischen Bauten des
Heidelberger Stadtbildes. Ihr exponierter Standort, ihre Größe und ihr Stil
gaben immer wieder Anlass zur Kritik. Singulär betrachtet, repräsentiert sie
in besonderer Weise die Architektur der 20er Jahre in ihrem Widerstreit
zwischen traditionellen und modernen Tendenzen.… Anfang 1929 erhielt Gruber
den Auftrag, weitere Pläne für den Heidelberger Universitätsbau
anzufertigen. Sein zweiter Entwurf, der dem Wunsch des neuen
Oberbürgermeisters nach einem beherrschenden Gebäude mit Anlehnung an
moderne Bauformen entsprach, kam mit wenigen Veränderungen zur Ausführung.
Er sah einen einheitlichen Gebäudekomplex vor, bestehend aus einem Hauptbau
am Universitätsplatz mit einer Aula im Obergeschoß und einem Westflügel an
der Grabengasse mit Auditorium Maximum und Institutsräumen. Der Hexenturm
und das Seminarienhaus sollten erhalten bleiben, wobei letzteres durch einen
Winkelbau mit dem Hauptgebäude verbunden wurde. Der Südflügel an der
Seminarstrasse wurde erst 1933 nach Abriss der Alten Post und der
Oberrealschule hinzugebaut …..Gruber wollte seinen Bau zeitgemäß und
sachlich, jedoch nicht im Sinne der modernen Architektur gestalten.
Gleichzeitig sah er sich der baugeschichtlichen Tradition verpflichtet. Die
symmetrische Reihung der Architekturelemente, das Walmdach, die vertikalen
Fensterbänder, die an mittelalterliche Kirchenfenster erinnern und die
Innengestaltung der Gebäudeteile weisen die Neue Universität als ein Werk
der konservativen Architektur der ausgehenden 20er Jahre aus. Die formal
einfachen Baukörper und ihre strenge Gliederung lassen auch eine Annäherung
an das Neue Bauen moderner Architekten erkennen…..Die Befürworter des neuen
Baukörpers lobten dessen zeitgemäßen Charakter, der weder Kompromisse mit
seiner baulichen Umgebung schließe, noch den Eigenwert überbetone und
bezeichneten die städtebauliche Wirkung als gelungen. Besonders
hervorgehoben wurde, dass die Neue Universität als „Kathedrale der
Wissenschaft" gleichrangig neben der Heiliggeistkirche und der
Jesuitenkirche stehe. Die Mehrheit der Kritiker hielt den mächtigen Bau für
einen erheblichen Eingriff in das Stadtbild der Heidelberger Altstadt. Aus
denkmalspflegerischer Sicht galt die Anordnung und Bemessung der Baukörper
als besonders unbefriedigend……Von seiner Baugeschichte und vom
Architektenwillen her ist das Heidelberger Universitätsgebäude auch das
Ergebnis eines Kompromisses zwischen der Bemühung, einen zeitgemäß-
sachlichen Bau zu gestalten, der sich bewusst von den barocken Bauten
abhebt, und dem Versuch einer Einpassung in die historische Umgebung.
Wenngleich die Neue Universität bis heute als ein Fremdkörper innerhalb der
Heidelberger Altstadt erscheint, so stellt sie doch aus kunsthistorischer
Sicht ein hervorragendes Bauwerk der ausgehenden 20er Jahre dar“.
Anmerkung allgemeiner Art: Im „ Architekturführer Deutschland,20.
Jahrhundert, Winfried Nerdinger, Cornelius Tafel,1996, in Zusammenarbeit mit
dem Architekturmuseum der Technischen Universität München, ist das
„Hauptgebäude der Universität“ als einziges Gebäude als bemerkenswert
aufgeführt. In Wolfgang Pehnt’s mehrere Kilo schwerer „Deutsche Architektur
seit 1900“, Ludwigsburg 2005, ist unter der Überschrift „Variationen der
Moderne“ die „Neue Universität“ ebenso als einziges bemerkenswertes Gebäude
in Heidelberg aufgeführt.
NACH 1945
Nach Kriegsende hatten die Amerikaner große Teile der Universität für
schulische Zwecke und z. B für Theaternutzung beschlagnahmt. Am 16.6.1948
brannte das Hauptgebäude v.a. im Dachbereich aus. Gruber nutzte die Chance
zum „Rückbau“ des für hiesige Verhältnisse gestalterisch überdimensionierten
Dachüberstandes, indem er diesen umlaufend um einen Meter reduzierte. Dieser
erinnert selbst in seiner heutigen Dimension eher an alpenländische
Dachformen.
Dem lebendigen Geist: Die Plastik über dem Hauptportal
Es wurde seinerzeit viel diskutiert über eine plastische Lösung am Eingang.
Betrachtet man heutzutage diese Situation, dann fällt die Zufälligkeit auf,
mit der Prof. Albikers sitzende Athena in einen der gleichmaßigen
Fensterabstände hineingedrückt wurde. Darunter hatte man sich auf den Spruch
Friedrich Gundolfs „Dem Lebendigen Geist“ geeinigt. Im 1.Obergeschoß wurde
eine Gedenkplatte mit den Namen der Spender angebracht. Es soll so gut wie
keine Beschwerden seitens der Besucher gegeben haben. Also beließ man es
dabei.
Allerdings hatten die Nationalsozialisten eine andere „ Markierung“ im Sinn.
Nach allerlei Diskussionen wird die Athena in den Hof verbannt, an ihre
Stelle kommt ein Bronzeadler, mit der Inschrift „Dem Deutschen Geist“. Nach
Ende des Krieges verschwindet der von den Nazis heraufbeschworene „Deutsche
Geist“ und mit ihm der Bronzeadler.
Seitdem sitzt Athena wieder an dessen Stelle, wenn auch immer noch etwas
gedrängt.
Universitätsplatz heute
Zur räumlichen Vervollständigung des Platzes soll die Erweiterung der
Baulichkeiten im Westen des Platzes erwähnt werden. Mensa und Cafeteria,
Institute, Dekanate und Wohnungen stellten das Programm für einen Wettbewerb
dar, den Prof. L. Götz und Partner gewonnen haben. Ausgeführt wurden die
Bauten 1975 – 78.
Zur Gestaltung des Platzes im Rahmen des Wettbewerbs zur Gestaltung des
Fußgängerbereichs ist anzumerken, dass in der Ausschreibung ausdrücklich
darauf hingewiesen wurde, der Platz solle für vielfältige Nutzungen geeignet
sein. An regelmäßigen Ereignissen seien genannt der Weihnachtsmarkt,
Faschingsmesse, Toskanawoche, Heidelberger Herbst, als kulturelles Ereignis
die Heidelberger Literaturtage. In diesem Jahr gesellt sich als kulturelles
Ereignis hinzu der „art ort“, Tanz-Installation- Medien-Festival des
UnterwegsTheaters.
Eine Nutzergruppe, die sich offenbar überhaupt nicht die Flächen des
riesigen Platzes aneignen wollte, waren Kinder. Sie wurden nie gesichtet.
Eine andere Gruppe jedoch, die oft und gern bemerkt wurden, waren in warmen
Jahreszeiten Obdachlose jeder Art, die sich an der Südseite der Alten
Universität in der Sonne wärmten. Es war wohltuend zu sehen, dass der Platz
auch manchen zufälligen Nutzern Gelegenheit zum Aufenthalt bot.
Es war im Sommer des Jahres 1983, dass sich der weltweit bekannte
israelische Künstler Dani Karavan im Rahmen seiner spektakulären Ausstellung
im Heidelberger Kunstverein mit der offenbar von vielen Heidelberger Bürgern
als unbefriedigend empfundenen Gestaltung des Universitätsplatzes
beschäftigte. Er schlug im südlichen Bereich des Platzes eine
spindelförmige, begehbare Brunnenanlage vor, deren Ursprung in
geschichtlichen Gegebenheiten des „Ortes“ beruhte. "Kleingeisterei und
unerfreuliche Querelen zwischen Stadt und Universität, und letztlich zwei
fehlende Stimmen im Gemeinderat haben das Vorhaben verhindert." (Aus „gegenwärts“,Heidelberger
Kunstverein 1/ 06 D 11639). Es wäre allemal sinnvoller gewesen, als das
gelegentlich aufgestellt Riesenrad.
Christoph Vierneisel, Heidelberg, 6. März 2006
Der vorliegende Beitrag wurde dem Heft 19 des Kunsthistorischen Instituts
der Universität Heidelberg, Veröffentlichungen zur Heidelberger Altstadt
entnommen, herausgegeben von Peter Anselm Riedl. „Die Neue Universität in
Heidelberg“ Von Dieter Griesbach, Annette Krämer, Mechthild Maisant
Heidelberg 1984. Es wurden Texte zitiert, einzelne Teile zusammengefasst
oder gekürzt wiedergegeben.
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